Also, mir gefällt die Art der Witzheldener, wie sie Erntedank feiern. So oder ähnlich wird es aber hierzulande meist ablaufen. "Ochse am Spieß" ist aber scheinbar Witzheldener Patent. Und du sagtest, Peter, es gibt anderswo auch solche Spezialitäten, die für die Erntezeit ortstypisch sind?
Vorschlag: Genau. In einem sehr ausführlichen Buch über Festbräuche in allen Gegenden Deutschlands steht zum Beispiel:
Im östlichen Bayernwald, so in Waldkirchen, wird das Korn zum Teil noch mit der Hand gedroschen und als Abschluß dieser Arbeit die Dreschersuppe ausgelöffelt, die aber nicht aus Getreide, sondern aus Kartoffeln besteht.
In Schirnding gibt es den Birnensonntag. Der ist als Brauchtum erst mit den Heimatvertriebenen aus dem Egerland entstanden. Mit den reifen Birnen der Gegend werden an diesem Sonntag auch die politischen Vorstellungen der Egerländer angeboten.
Dann gibts noch die "Färther Kärwa" die Fürther Kirchweih also, die elf Tage dauert und neben dem Erntedank auch an die Weihe der Michaeliskirche im 12.Jahrhundert erinnert.
Am Eröffnungssamstag werden Schwärme von Brieftauben losgelassen, um die Bewohner der Umgebung einzuladen. Der darauffolgende Freitag ist den Kindern als besonderer Festtag vorbehalten.
Ebenfalls im unterfränkischen Raum gibt es einen lustigen Brauch: Im Kitzinger Stadtteil Albertshausen werden seit 1904 vor dem Fest Bierfässer eingegraben, am Sonntag von "spürt" ein Geometer sie wieder auf. Sie werden ausgegraben und von der Gärtnerkönigin dem prachtvollen Festzug zugeführt. Noch älter als dieser Brauch ist die Figur der sogenannten "Marktbärbel". Nach dem Gottesdienst am Montag gibt es dort noch ein Schubkarrenrennen und am Ende den "Ausgräberball".
Ich hab soviel von den Erntefesten in Niederbayern und Franken erzählt, jetzt bist du mal dran, Sonja - wie war das mit dem Erntedank im Neckerland, usw.?
Klar, auch da gibt es zum Ende der Ernten große Feste. Das ist eigentlich schon seit Urzeiten so - wer die Fülle der Früchte ansieht, und nur ein bißchen nachdenken kann, für den gilt der Spruch: Wer denkt, der dankt! Wem der Dank dann dargebracht wird, das ist in den Völkern und Ländern sehr unterschiedlich.
Auch die Form, wie das Gefühl der Dankbarkeit sich äußerte, hat sich verschieden entwickelt. Da braucht man gar nicht an die einzelnen Erdteile und ihre Klimazonen zu denken, schon hinter dem nächsten Gartenzaun sozusagen sind die unterschiedlichsten Bräuche aufgekommen und haben sich teilweise jahrhundertelang erhalten.
Ernte als Anlaß für einen besonderen Dank an den Geber aller Gaben schloß in vielen Gegenden auch den grundsätzlichen Dank für die Gegenwart Gottes ein, und die zeigte sich im Empfinden des Volkes in der Schönheit und Großartigkeit der Kirchengebäude.
So wurde der Erntedank vielfach verbunden mit dem Fest der Kirchweihe, und das hört man ja auch noch im Wort Kirchmess oder Kirmes.
Wer mal eine besonders künstlerisch ausgestaltete Erntedankdekoration besichtigen möchte, der kann das in Otterswang im Kreis Biberach tun. Wochenlang tragen die Otterswanger Frauen Früchte und Samen aller Art zusammen und gestalten daraus einen großen Mosaikteppich. Er wird in der Kirche vor dem Altar ausgelegt. Samenkörner, Kaffeebohnen, gelbe Rüben, Kürbisse, Maiskolben, Äpfel, Getreide und viele andere Früchte ergeben eine farbenprächtige Komposition.Richtig lebendig sehen die Bilder aus, weil sogar die Schatten in den Gewändern und Gesichtern mit andersfarbigen Früchten ausgestaltet werden. Die Ornament und bildlichen Darstellungen wechseln natürlich jedes Jahr.
Dann wollte ich noch kurz sagen: in Gegenden, wo hauptsächlich Weinbau betrieben wird, sind natürlich die Winzerfeste die größte Attraktion. Wieweit wirklich der Dank für eine gute Ernte dabei noch eine Rolle spielt, ist bestimmt von Ort zu Ort verschieden.
Jedenfalls läßt man in den Festen besonders gern d i e Ereignisse wieder aufleben, die in vergangenen Jahrhunderten diese Gegenden geprägt haben.
Dank in jeder Form macht aber eigentlich nur Sinn, wenn klar ist, wem der Dank zukommt, und da wissen viele Zeitgenossen keine rechte Adresse mehr anzugeben, aber das liegt meiner Meinung nach nicht an der fehlenden Information. Wer sich ehrlich bedanken möchte, findet auch heraus, wo er damit an der richtigen Stelle ist. Das war schon vor 600 Jahren genau so wie heute.
Im vorderen Orient sind seit dieser Zeit schriftliche Unterlagen vorhanden, aus denen jeder ohne Schwierigkeiten ersehen konnte und noch kann, was in dem Fall Sache ist.
Zuerst eine süße Frucht für die Ohren, und dann nimmt G.Hellmann die uralte Schriftrolle und liest den Originaltext -allerdings nicht in hebräisch, lieber in Deutsch.
Ernte - in unserem nördlichen Teil der Erde sind wir froh, wenn es einmal im Jahr Nahrungsmittel zu ernten gibt. Was nach der kalten Zeit in den Boden gestreut wurde oder als Blüte an den Bäumen Frucht angesetzt hat, ist meist am Ende der wärmeren Periode ausgereift und erntefähig. Weiter im Süden sind die Zeiten von Keimen und Wachstum wesentlich kürzer und manche Feld- und Baumfrüchte können zweimal im Jahr geerntet werden. Aber auch da sind Sonne und vor allem der Regen überaus wichtig.
Außer dem Ausstreuen der Samen und dem fachgerechten Bearbeiten der Felder und Bäume bleibt den Menschen, die auf Ertrag hoffen, aber nicht viel zu tun. Regen herbeitanzen und die Sonne raushängen, Wind ingang setzen und den Insekten einen Bestäubungsplan aufstellen, das werden sie niemals schaffen. So kommen sie nicht darum herum, eine höhere Macht für diese Tätigkeiten anzuerkennen. Wie diese Macht aussieht, davon existierten viele verschiedene menschliche Vorstellungen.
Ein Volk aber konnte sich rühmen, daß der höchste Herrscher über die Natur sich persönlich bei ihnen vorgestellt hat. Wenn sie seine Worte für bare Münze nahmen und sich danach richteten, ging es ihnen rundherum gut in allen Lebensbereichen.
Sie bekamen sogar sehr genaue Tips, wie sie ihren Dank für die guten Ernte-Erträge in die Tat umsetzen konnten. Und so steht es geschrieben:
Mit der ersten Getreidegarbe des Jahres sollt ihr ins Heiligtum kommen und sie mir darbringen, ebenso eins der besten von den im Frühjahr geborenen Schafe. Und weil Menschen leider sehr schnell vergessen, was sie versprochen haben, waren in diese Zeremonie ziemlich drastische Handlungen eingebunden, die uns heute fremd geworden sind.
Das endgültige Ende der Erntezeit im Israel vor der Zeitenwende wurde noch größer gefeiert. Wichtig war aber auch dabei, daß die Gaben für den Tempel, das heißt in Wahrheit als Unterhalt für die Priester und ihre Familien, daß diese Gaben also allererster Qualität waren und nicht aus dem Abfall, der sonst niemand haben wollte.
Fleisch von Schafen und Ziegen war damals der größte Teil der Gaben, aber auch Mehl, Öl und bereits gebackenes Brot. Das Erntefest dauerte sieben Tage, am ersten und letzten waren feierliche Gottesdienste und für jeden im Land arbeitsfrei.
Wer sich für die Einzelheiten dieser alten Dankfeste und ihrer Hintergründe interessiert, kann alles nachlesen im 3. Buch Mose, in den Kapiteln 22 und 23.
"Vielen Dank für Ihren Auftrag" steht hier und da noch unter einer Rechnung.
"Danke, mein Kind!" höre ich höchst selten ein Elternteil sagen -
dagegen ist der Ausruf "Gott sei Dank!" so inflationär in aller Munde, daß ich mir, wenn ich Gott wär, schleunigst Oropax besorgen würde. Gott aber sei Dank, er ist nicht wie ich, darum gibt es noch Hoffnung und mit dieser positiven Aussicht möchten wir unsere kleine Exkursion zum Erntedanktag beschließen.
Es wünscht Ihnen allzeit volles Portemonnai und sonstige erstrebenswerten Güter,
zuerst mal bis nächsten Mittwoch